Historische Wahlen in nostalgischem Rahmen

04. Oktober 2021

Wahlen und Ehrungen bei der Zimmerer-Innung Freudenstadt.

Wenn man sich nach langer Zeit mal wieder persönlich sieht, darf es ruhig etwas nostalgisch werden. Besonderen Grund hatten die Mitglieder der Zimmerer-Innung Freudenstadt bei der jährlichen Innungsversammlung, bei der die Wahlen, die aufgrund der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr ausfallen mussten, nachgeholt wurden. Die passende Kulisse dafür bildete die ehemalige Gaststätte zur Linde in Schenkenzell-Vortal, die mit Ihrem historischen Charme die Herzen der Zimmerleute und insbesondere der Restauratoren im Zimmerer-Handwerk unter ihnen höherschlagen ließ.

Neben den von „Noch-Obermeister“ Dieter Stahl moderierten Regularien und der Vorstellung des neuen Hauptgeschäftsführers des Landesverbands des Zimmererhandwerks Holzbau Baden-Württemberg, Konstantin zu Dohna, standen die Neuwahlen des Vorstands im Mittelpunkt der Versammlung.

Einstimmig gewählt wurde der 55-jährige Zimmermeister und Restaurator im Zimmerer-Handwerk Ernst Schleh aus Baiersbronn als Nachfolger von Dieter Stahl als Obermeister der Zimmerer-Innung Freudenstadt. Seine Funktion als Stellvertreter übernimmt der Freudenstädter Thomas Lieb. Reinhard Klumpp aus Freudenstadt und Stefan Schweizer aus Eutingen machen den Vorstand nach dem Austritt von Dieter Stahl und Claus Schwab wieder komplett. Für Richard Mönch folgt Dominik Reimann als Kassenprüfer neben Claus Kübler nach. Alle weiteren Vorstandsmitglieder wurden in ihrem Amt bestätigt: Roland Haid aus Alpirsbach bleibt dem Vorstand als Lehrlingswart erhalten. Die weiteren im Amt bestätigten Vorstandsmitglieder sind Thomas Möhrle (Baiersbronn), Stefan Seidt (Alpirsbach) und Achim Wetzel (Eutingen).

Dieter Stahl gewürdigt

In einer unterhaltsamen, humorvollen und von Interna gespickten Rede würdigte Ernst Schleh, dessen Wegbegleiter über 28 Jahre, das Wirken seines Vorgängers. Schon früh hatte der Träger des „Goldenden Handwerkszeichens“ Dieter Stahl nach insgesamt über 30 Jahren im Ehrenamt seinen Rückzug angekündigt – 25 Jahre davon als liebevoll „OM“ genannter Obermeister der Zimmerer-Innung. Darüber hinaus ist Stahl bereits seit 1996 Mitglied im Vorstand der Holzbau Baden-Württemberg und seit 2005 im Vorstand der Kreishandwerkerschaft Freudenstadt, neun Jahre davon als erster stellvertretender Kreishandwerksmeister.
Die auf die Fakten folgenden Berichte über gemeinsame Erlebnisse sorgten für zahlreiche Lacher und weckten schöne Erinnerungen: Versammlungen, Tagungen, Sitzungen, Seminare, Ausflüge und Ausfahrten, Landesholzbautage, Stallwächterparty in Berlin und nicht zuletzt die legendären „Metzgersuppen“ der Zimmerer-Innung.

Stehende Ovationen

Abschließend schlug der neue Obermeister Schleh vor, den „charismatischen Typ, die Innungs-Ikone und Zimmermeister-Legende“ zum Ehren-Obermeister der Zimmerer-Innung Freudenstadt zu ernennen. Stehende Ovationen aller Anwesenden machten daraufhin die eigentliche Abstimmung an sich überflüssig. Sichtlich gerührt nahm Dieter Stahl die Ehrung und die entsprechende Urkunde an. Dazu gab es Geschenke der Innung und der Kreishandwerkerschaft, die Obermeister Ernst Schleh, Kreishandwerksmeister und stellvertretender Handwerkskammerpräsident Alexander Wälde sowie Geschäftsführer Sebastian Rother überreichten.

Ernst Schleh neuer Obermeister

Der neu gewählte Obermeister bedankte sich herzlich für das in ihn gesetzte Vertrauen. Ernst Schleh hat schon mit 22 Jahren 1989 den elterlichen Betrieb übernommen, der nach dem Tod des Vaters gerade mal noch drei Mitarbeiter beschäftigte. Heute arbeiten 17 Vollzeit-Arbeitskräfte bei der Zimmerei Schleh GmbH.

Besonders am Herzen liegen dem neuen „OM“ Kooperationen, das Miteinander und an einem Strang zu ziehen sowie das „Mähnscharing“ (Entsendung von Mitarbeitern). Wenn die eigene Kapazität bei großen Aufträgen nicht reiche, gelte es, sich gegenseitig kollegial mit Manpower, Material und Maschinen auszuhelfen.

Das aktuell kolportiere Ammenmärchen, Holz als Baustoff sei zu teuer, sei destruktiv. So ist der Holzpreis de facto zwischen 2005 und 2020 nicht gestiegen, während sich die Preise für andere Baustoffe und Löhne jeweils um nachweislich um 3% p.a. erhöht haben. Der Anteil des Holzpreises sei bei der Sanierung und im Neubau im Verhältnis zu den Gesamtkosten nicht ausschlaggebend. Im Übrigen stabilisiere sich der Holzpreis inzwischen wieder. Es bliebe dabei: CO²-bindende Baustoffe, also auch Holz, bleiben der Baustoff der Zukunft.

Konstantin zu Dohna belegt das mit Zahlen: In 120 Tagen wächst in deutschen Wäldern der gesamte jährliche Holzbedarf für 350.000 Eigentumswohnungen nach – in nur 45 Sekunden wächst genug Holz für ein Einfamilien-Haus in Holzbauweise.

„Bei uns Zimmerleut‘ fließt koi Buttermilch in de Adern!“

Gemeinsam mit Vorstandsmitglied Roland Haid und der Dorfgemeinschaft Reinerzau sorgte der „Martinshof“ aus Kaltenbrunn grandios für das leibliche Wohl der Zimmerleute. Die knapp 40 Gäste ließen die würdige Versammlung im nostalgischen Rahmen feierlich ausklingen.

Ganz im Sinne von Ehren-Obermeister Dieter Stahl:
„Gott schütze das ehrbare Handwerk.“ und ein dreifaches „Holz her!“.

 

Der neue Vorstand der Zimmerer-Innung Freudenstadt mit Kreishandwerksmeister und stv. Kammerpräsident Alexander Wälde (1.v.r.) und Hauptgeschäftsführer Konstantin zu Dohna (4.v.l.)
Konstantin zu Dohna (Hauptgeschäftsführer Holzbau Baden-Württemberg), Ehren-Obermeister Dieter Stahl, Obermeister Ernst Schleh und Kreishandwerksmeister und stv. Handwerkskammerpräsident Alexander Wälde (v. l. n. r.)
Obermeister Ernst Schleh (rechts) und Stellvertreter Thomas Lieb
Obermeister Ernst Schleh mit Ehrenobermeister Dieter Stahl